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Im Januar 2021 sind wir alle von den Einschränkungen, die die Corona-Pandemie mit sich bringt, betroffen. Umso grösser waren die Hoffnungen, welche der angekündigte Impfstoff versprach. Doch noch vor der eigentlichen Zulassung des Impfstoffes der Firma AstraZeneca (AZ) brach eine öffentliche Diskussion um Vertragsbestandteile und Liefermengen zwischen der Herstellerfirma und der EU als Bestellerin aus.

Meinungsverschiedenheiten zu vertraglichen Vereinbarungen sind ja kein unbekanntes Phänomen. Allerdings lassen uns die vorgebrachten Argumente und die Tatsache, dass zwei so grosse Institutionen sich in einer so aussergewöhnlichen Zeit zu einem solchen Disput hinreissen lassen, etwas ratlos zurück. Vor allem, wenn wir uns vorstellen, wie viele Anwälte an der Ausarbeitung eines solchen Vertrages mitwirken. Und wie viele Vorverträge und vorläufige Versionen des schlussendlich unterschriebenen Werkes es gegeben haben musste.

 

„best-effort“-Klausel

Auch wenn wir nicht alle Informationen kennen, scheinen einige Eckpunkte unwidersprochen zu sein. Die EU hat bei AZ ein Produkt bestellt und diese Bestellung mit über 300 Mio. Euro vorfinanziert. Ob die Liefermengen pro Quartal jetzt genau festgelegt wurden oder nicht, bleibt bis auf weiteres ungewiss. Bemerkenswert erscheint die „best-effort“-Klausel, welche offenbar vereinbart wurde.

Diese Klausel wirft nämlich die Frage auf, ob denn auch noch andere Stufen des „efforts“ bei der Herstellung von pharmazeutischen Produkten zu erwarten sind? Und wenn ja, wie sehen diese denn aus? Etwa „good-enough effort“? Oder „no effort“? Vielleicht auch „effort-as-paid”?

Nur schon die Tatsache, dass eine solche Klausel in einem Liefervertrag von solcher Tragweite auftaucht, zeigt den moralischen Grundzustand der Vertragsparteien in entlarvender Weise. Es scheint im Jahr 2021 nicht mehr selbstverständlich, dass ein Lieferant oder ein Hersteller sich die grösstmögliche Mühe gibt, uns ein einwandfreies Produkt zum vereinbarten Termin zu liefern. Und hier sprechen wir immerhin von einem (hoffentlich) lebensrettenden Impfstoff für mehrere Millionen Menschen.

Was bedeutet diese Grundhaltung für das Vertrauen der einzelnen Privatpersonen bei einer nächsten Bestellung eines weniger wichtigen Produktes? Oder den Lieferanten auf der anderen Seite? Auch vor dem Hintergrund, dass sich die Lieferketten und Zuständigkeiten in den digitalen Plattformen immer schwieriger nachvollziehen lassen? Jeder, der nicht die juristischen und finanziellen Ressourcen der EU hat, sollte sich wohl genau überlegen, bei wem er zukünftig was bestellt. Denn offenbar ist es legitim und „normal“, dass vertragliche Vereinbarungen nicht eingehalten werden müssen. Und wenn so grosse Firmen dies mit der EU machen können, dann kann ich das auch …

Möglicherweise könnte es bei diesem Disput auch um Politiker gehen, die ihre Machtposition retten wollen, weil sie festgestellt haben, dass sie einen schlechten Vertrag ausgehandelt haben. Die Tatsache aber, dass AZ sich bisher weigert, den genauen Vertrag öffentlich zu machen, lässt allerdings einen anderen Schluss zu.

Ich finde es schwer nachvollziehbar, weshalb eines der grössten Pharmaunternehmen mit über 70‘000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von über 23 Milliarden US-Dollar ausgerechnet die EU-Bestellung nicht erfüllen kann, während andere Abnehmer ihre vereinbarten Lieferungen erhalten. Und sollte sich der Verdacht erhärten, dass die ursprünglichen EU-Dosen für höhere Preise an andere Abnehmer verkauft wurden, stehen wir vor einem viel grösseren Problem als wir uns das im Moment eingestehen wollen.

 

Ethische Bankrotterklärung

Für mich wäre dies endgültig die ethische Bankrotterklärung einer ganzen Branche.

In diesem Licht zynisch anmutende Mission Statements wie

“ … We are focused on the delivery of life-changing medicines that are contributing value to patients and society.“

müssten ehrlicherweise geändert werden in

„… We deliver the value that patients and society are contributing for our medicines to our shareholders so that they can change their lives.“

Der Vertrauensverlust wäre kaum abzuschätzen, nachdem uns die Pharmaindustrie Mantra artig vorgemacht hat, wie sehr ihr die Gesundheit der Gesellschaft am Herzen liege und die hohen Kosten mit dem immensen Forschungsaufwand rechtfertigte.

Ein solches Vorgehen lässt sich aber auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht kaum erklären. Einen so grossen Kunden in einer globalen Ausnahmesituation in dieser Weise zu hintergehen, wäre im Normalfall nichts anderes als ökonomischer Selbstmord. Ob die Betroffenen darüber nachdenken?

 

Ein grundlegendes Problem der globalisierten Wirtschaft

Diese Geschichte zeigt auch ein grundlegendes Problem der globalisierten Wirtschaft. Es käme wohl keinem KMU in den Sinn, einen so grossen Kunden in einer solchen Notlage in dieser Weise vor den Kopf zu stossen. Nur schon der Gang an die Öffentlichkeit war offenbar eine Vertragsverletzung. Und der folgende Schlagabtausch zeigt nur, wie kurzsichtig (oder arrogant?) diese Geschäftsbeziehungen gehandhabt werden.

 

Deshalb kann ich nur wiederholen:

Wir brauchen eine umfassendere philosophische Ausbildung unserer Führungskräfte.

Diese altmodische Gewinnmaximierung auf Kosten der Allgemeinheit ist untragbar.

Wo sind die verantwortungsvollen Firmeninhaberinnen und -inhaber mit Blick für die langfristige Geschäftsbeziehung, die ein stabiles Überleben mit gemeinsam gelebten Werten anstreben?

Hier steht viel mehr auf dem Spiel als die nächste Dividendenauszahlung.

 

Und wie hätten Sie entschieden?