Unter dem Begriff Management wird allgemein die Betriebsführung oder umfassender die Organisationsführung verstanden. Damit wird das zielorientierte Gestalten, Lenken und Entwickeln eines soziotechnischen Systems umschrieben.

Diese Aufgaben sind in den meisten Organisationen auf verschiedene Ebenen oder Hierarchiestufen verteilt. In der Managementliteratur wird vornehmlich von einer oberen Leitungsebene (Top-Management), einer mittleren Leitungsebene (Middle-Management) und einer unteren Leitungsebene (Lower-Management) ausgegangen.

 

Das Top-Management

Im Top-Management werden idealtypisch die strategischen und normativen Entscheide und Grundlagen zur Zukunft der Organisation besprochen und gefällt (Mission, Vision, Leitbild). Die Geschäftsleitung resp. der Verwaltungsrat befasst sich mit originären Leitungsaufgaben, welche das ganze Unternehmen betreffen. Der Zeithorizont beträgt nicht selten fünf bis zehn Jahre.

 

Das Middle-Management

Das Middle-Management, oder auch das Taktische Management, ist einerseits der oberen Leitungsebene unterstellt und hat andererseits die Weisungsbefugnisse gegenüber der unteren Hierarchiestufe. Diese Mittlerfunktion hat die Aufgabe, die Unternehmensziele und Anweisungen in die praktische Umsetzung zu übersetzen. Wobei je nach Firmenkultur resp. Organisationsstruktur ein mehr oder weniger grosser Spielraum in Bezug auf das Ressourcenmanagement und die Terminplanung anzutreffen ist. Der Zeithorizont beträgt je nach Branche, ein bis drei, möglicherweise auch fünf Jahre.

 

Das Lower-Management

Das Lower-Management, oder auch das operative Management, hat lediglich gegenüber den ausführenden Stellen Weisungsbefugnisse. Auch hier hängt der Anteil der eigenen operativen Mitarbeit an der Umsetzung und Ausführung der vorgegebenen Ziele und Projekte von der Organisationsgestaltung ab. Der Zeithorizont bewegt sich zwischen den Tageszielen der einzelnen Mitarbeiter oder Gruppen und den Meilensteinen der verschiedenen Projekte. Also im Wochen-, Monats- oder Jahresrhythmus.

In der betrieblichen Praxis sind jedoch oft mehr als drei Hierarchiestufen anzutreffen.

 

Fokus auf das Analysieren und Optimieren von Prozessen

Spätestens mit der Veröffentlichung des Buches „Business Reengeneering“ (Hammer/Champy, 1992) geriet das Analysieren und Optimieren der firmeninternen Prozesse zunehmend in den Fokus der Manager. Diese zunehmende Prozessorientierung hatte zur Folge, dass nicht mehr die sogenannte Aufbauorganisation die dominierende Kraft im Unternehmen darstellte („process follows structure“), sondern der Kunde mit seinem Problem die Abläufe zur Lösung desselbigen beeinflusste („structure follows process“). Dies hatte natürlich auch Auswirkungen auf die strategischen Ausrichtungen der Unternehmen („structure follows process follows strategy“).

Das „Silo-Denken“ in Abteilungen und Funktionen hatte ausgedient. Ein sogenannter 90°-Shift, von der früheren Funktionssichtweise in vertikalen (Unternehmens-) Bereichen, hin zu horizontalen Darstellung der Prozesse über die beteiligten Stellen hinweg. Unabhängig von den ursprünglichen Organisationseinheiten, stand jetzt ein End-to-End-Prozess zur Erfüllung der Kundenanfrage. Dieser Ansatz des Prozessmanagements löst zwar die Ablaufproblematik, sorgt für eine gesteigerte Effizienz und eine höhere Kundenzufriedenheit. Aber oft fehlt es an einem Prozessverantwortlichen oder die Schnittstellenproblematik neutralisiert die genannten Vorteile. Das Controlling wird zusätzlich erschwert.

 

Was fehlt, ist der Mensch

Es ist bemerkenswert, dass die Zielgrössen im Effizienz-Dreieck des Prozessmanagements praktisch ohne den Faktor Mensch auskommen. Die KPI aus Zeit, Kosten und Qualität sehen den Mitarbeiter nur als Fehlerquelle, Verschwendungsursache und Kostenverursacher für Kontroll- und Prüfaufwand. Ganz am Schluss wird die Mitarbeiterproduktivität erwähnt. Im Kontext der vorgenannten Faktoren handelt es sich wohl eher um eine Leistungskontrolle als um eine Motivationshilfe.

Der Gedanke zur Qualitäts- und Leistungssteigerung ist durchaus legitim und auch überlebenswichtig für die Organisation. Auch die Unterscheidung der Prozesse anhand der Kriterien Komplexität, Konstanz, Determiniertheit und Wiederholungshäufigkeit in Routine- oder Regelprozesse und Projekte ist nachvollziehbar.

Aber der Ansatz lässt die Fähigkeiten der Mitarbeiter völlig unbeachtet. Auch die gelebte Firmenkultur wird nicht erwähnt. Über alle Hierarchiestufen und ungeachtet der Branchenstrukturen sind alle Organisationen fähig und willens, das Prozessmanagement zu leben, vernachlässigen aber die Menschlichkeit.

 

Die Problematik der ausschliesslichen Management-Betrachtung

Die eigenen Beobachtungen in der gelebten Praxis zeigen, dass die Value-Chain nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied. Wer seinen zugewiesenen Prozessschritt nicht in der vorgesehenen Zeit und der nötigen Qualität erfüllt, damit der nächste Mitarbeiter in der Kette damit weiterarbeiten kann, sabotiert damit den gesamten Prozesserfolg. Und wenn in einem solchen Moment der Prozess-Eigentümer nicht mit der nötigen Konsequenz einschreitet, ist das Frustpotential bei allen Beteiligten gefährlich hoch.

Das Prozessmanagement hat zu einer weiteren Arbeitsteilung und zunehmenden Spezialisierung der Mitarbeiter geführt. Die Tatsache, dass es immer schwieriger wird, den eigenen Beitrag zum Erfolg sicht- und erlebbar zu machen, könnte ein nicht zu unterschätzender Faktor für die zunehmenden gesundheitlichen Probleme vieler Mitarbeiter sein.

Inwieweit die immer schneller voranschreitende Digitalisierung und Vernetzung im beruflichen Umfeld diesen Trend fördert und die im Prozessmanagement verlangte kontinuierliche Verbesserung und Prozesserneuerung unterstützen kann, bleibt abzuwarten. Dass wieder mehr Menschlichkeit und Führungsstärke ins Management Einzug halten sollte, ist nach meinen Beobachtungen unbestreitbar.

 

Wie empfinden Sie die heutige Aufteilung von Management und Leadership?

Halten Sie die gegenwärtigen Führungskompetenzen für genügend?

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