Eine Rezession, also mindestens zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem Wirtschaftswachstum, stellt Unternehmen vor grosse Probleme. Der Einbruch der Nachfrage führt zu Überkapazitäten und die ungewisse Zukunft erschwert Investitionsentscheide.

Wenn im Winter 2020/2021 eines klar ist, dann die Tatsache, dass wir vor grossen wirtschaftlichen Problemen stehen. Die Frage ist nicht ob, sondern wann und mit welcher Wucht sie eintreffen werden.

Während und nach grossen Krisen zeigt sich die Qualität der Unternehmensführung sehr deutlich. Und der Grund dafür liegt in der Zeit vor den jeweiligen Ereignissen.

Nach dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 und in der Zeit nach der Finanzkrise im Jahr 2008 untersuchten die grossen Beratungsunternehmen, wie börsenkotierte Unternehmen auf die Herausforderungen und die veränderten Marktverhältnisse reagiert hatten. Und wie sie sich in den Jahren danach weiterentwickelten. Dabei wurden Muster erkannt, die sich auch bei weiter zurückliegenden Wirtschaftseinbrüchen schon gezeigt hatten.

Etwa jedes fünfte Unternehmen überlebte die Krise nicht und verschwand vom Markt. Über zwei Drittel der Firmen schalteten in den Überlebensmodus, nahmen tiefe Einschnitte vor und reagierten defensiv. Sie hatten auch keine Notfallpläne zur Hand oder verschiedene Szenarien strategisch durchgespielt. Diese Unternehmen schafften es gerade so durch die Talsohle und erholten sich danach nur sehr langsam. Und die meisten erreichten ihre ursprüngliche Marktstellung im Aufschwung nach der Krise nicht wieder. Ganz im Gegensatz zu den besten 10% der untersuchten Organisationen. Sie verzeichneten einen geringeren Umsatzeinbruch. Sie erholten sich auch schneller und gewannen sogar Marktanteile gegenüber ihren Mitbewerbern. Sie standen nach dem Einbruch besser da als vorher.

Doch was machten diese Firmen anders als die anderen?

 

Die Unterschiede lagen eindeutig in der Vorbereitung. Und dabei stellten sich die vier Bereiche Verschuldung, Entscheidungswege, Umgang mit den Mitarbeitenden und die Digitalisierung als entscheidend heraus.

 

Schulden reduzieren

Eine Rezession bedeutet in der Regel weniger Umsatz und somit auch weniger Mittel, um das Tagesgeschäft zu finanzieren. Eine tiefe Fremdfinanzierung heisst auch weniger Aufwand, um Zinsen und Tilgung zu bedienen. In den Untersuchungen waren es die am höchsten verschuldeten Unternehmen, die als erste ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen konnten. Ein geschicktes Finanzmanagement hilft, die so wichtige Liquidität aufrecht zu erhalten. Auch wenn in der aktuellen Situation das Fremdkapital verlockend günstig und im Überfluss vorhanden ist, sollte dieser Punkt sehr genau angeschaut werden.

 

Dezentral entscheiden

Wie sich die Leistung eines Unternehmens während und nach einer Rezession entwickelt, hängt nicht nur von seinen Entscheidungen ab, sondern auch davon, wer diese Entscheidungen trifft. Sicher haben zentral organisierte Unternehmen die Organisation als Ganzes besser im Blick. Aber in einer Rezession kann sich das Umfeld sehr schnell verändern. Und so scheint das Delegieren von Entscheidungskompetenzen in unsicheren Zeiten von Nutzen. Dezentralisierte Unternehmen konnten Entscheidungen in der Hierarchie nach unten delegieren und so ihr Produkteangebot besser an die veränderte Nachfrage anpassen. Natürlich kann eine Unternehmensstruktur nicht von heute auf morgen umgekrempelt werden. Wer aber schon früh in die Unternehmenskultur und in die Mitarbeiterentwicklung investiert, kann im Ernstfall sehr flexibel auf die neuen Anforderungen reagieren.

Jobabbau vermeiden

Nach der Finanzkriese gingen allein in den Vereinigten Staaten 2.1 Millionen Stellen verloren. Darunter litten nicht nur die Entlassenen selbst, sondern auch die Stimmung. Die Produktivität in den Unternehmen verschlechterte sich. Und in den Jahren danach zeigte sich, dass diese Fachkräfte für den darauf folgenden Konjunkturaufschwung fehlten. Die Unternehmen, die gestärkt aus der Krise hervorgingen, hatten offenbar weniger auf dieses Mittel der Kostensenkung zurückgegriffen. Sie optimierten Produktionsabläufe, schickten die Mitarbeitenden in unbezahlte Auszeiten, führten Kurzarbeit ein oder vereinbarten leistungsabhängige Bezahlungen, je nach den vor Ort geltenden Arbeitsgesetzen. Alles mit dem Ziel, möglichst wenig Mitarbeitende zu verlieren.

Auf Digitalisierung setzen

Viele Unternehmen nutzten den Abschwung. um in ihre Informationstechnologie zu investieren. Dies zeigten auch die parallel untersuchten Stellenanzeigen, welche deutlich höhere Qualifikationen in Computerkenntnissen forderten. Für dieses atypische Verhalten vermuteten die Forscher die entstandenen freien Kapazitäten durch die verminderte Nachfrage. Diese ermöglichten eine Einführung der neuen Technologie ohne Einbussen in der Produktion. Eine solche Einführung war für das Unternehmen im Abschwung also günstiger. Ein zweiter Grund könnte in der erhöhten Transparenz durch die digitalen Prozesse liegen. Dadurch lassen sich Analysen schneller und kostengünstiger durchführen und Probleme zielgenauer benennen. Zudem lassen sich die nachfolgenden Anpassungen in einer Krisensituation einfacher umsetzen, da die Bereitschaft zum Wandel innerhalb der Organisation in Krisenzeiten wesentlich höher ist.

 

Grundsätzlich sind die gewonnenen Erkenntnisse bemerkenswert. Obwohl einige Annahmen erwartungsgemäss bestätigt wurden, zeigten sich doch erstaunliche Ergebnisse, die der gängigen Betriebswirtschaftstheorie widersprechen. Abschliessend lassen die Untersuchungen den Schluss zu, dass es sich beim Umgang mit Rezessionen um Change-Management Vorhaben unter sehr hohem Zeitdruck handelt. Firmen, die ein solches Unterfangen erfolgreich durchführen und gestärkt daraus hervorgehen wollen, brauchen eine hohe Resilienz und eine grosse Flexibilität.

Wie weit ist die Vorbereitung in Ihrem Unternehmen? Reagieren Sie noch oder agieren Sie schon?