„Die philosophische Ethik ist als diejenige Disziplin zu bestimmen, die unser menschliches Handeln unter dem Gesichtspunkt der Moralität untersucht.“

(Grundkurs Philosophie – Ethik, Matthias Lutz-Bachmann, Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2013)

Die Disziplin der philosophischen Ethik zählt zur praktischen Philosophie, die sich mit dem tatsächlichen Handeln beschäftigt. Es wird das mögliche, gebotene und erlaubte Handeln, wie auch sein Gegenteil, also das verbotene Handeln diskutiert. Auch die Handlungsabsichten, -ziele und -methoden werden thematisiert.

Die Unterscheidung zwischen einer theoretischen und einer praktischen Philosophie geht auf Aristoteles (384 – 322 v.Chr.) zurück. Er unterschied in der praktischen Philosophie die drei Handlungsbereiche Ökonomie, Politik und Ethik. Wobei für ihn die Ethik nur ein Teilbereich der Politik war. Dies sieht die moderne Philosophie nicht mehr so. Heute gilt die Ethik vielmehr als Grundlage für die anderen Disziplinen der praktischen Philosophie.

Die philosophische Ethik stellt also die Frage, ob ein bestimmtes Handeln oder Wollen moralisch richtig oder falsch, gut oder schlecht, als gerecht oder ungerecht bezeichnet werden kann. Aber anders als zum Beispiel die Rechtswissenschaft oder die Theologie, wird dabei nicht auf normative Voraussetzungen zurückgegriffen. Vielmehr sucht die philosophische Ethik nach den grundlegenden Kriterien für die moralische Richtigkeit einer besonderen Situation des Handelns. Sie will mit der ethischen Reflexion dabei helfen, das moralisch Richtige zu erkennen.

Der Ethiker steht bei der angesprochenen ethischen Reflexion allerdings nicht neutral abseits, sondern ist selbst Gegenstand der Erkenntnis und zumeist als „moral point of view“ inhärenter Teil der Handlung. Er nimmt also die Teilnehmerperspektive ein.

Aus dieser Position sucht, thematisiert, prüft und bewertet er selbstreflexiv die Gründe dafür, eine spezifische Handlung als moralisch zu bezeichnen. Diese Theorie muss natürlich ihrerseits der menschlichen Praxis angemessen sein. Nur so kann die Theorie der Moralität eine praktische Theorie genannt werden. Somit bleibt die Disziplin der ethischen Philosophie nicht nur auf die Fragen der allgemeinen Begründung der ethischen Modelle und Prinzipien beschränkt, sondern bezieht sich auch auf die Anwendung auf konkrete Einzelfälle unseres Handelns. Diese zwei Teile der philosophischen Ethik werden auch als „allgemeine Ethik“ und als „angewandte Ethik“ bezeichnet.

Die angewandte Ethik hat sich aufgrund ihrer Beschäftigung mit besonderen Sachbereichen und hochspezialisierten Anwendungszusammenhängen in unterschiedliche Teilethiken aufgegliedert. So zum Beispiel in die biomedizinische Ethik, die Tierethik, die Wirtschaftsethik, die Technikethik oder auch die Medienethik, um nur einige zu nennen.

Die philosophische Ethik wird auch deshalb als „Moralphilosophie“ bezeichnet, weil sie sich der Erkenntnismethoden der Philosophie bedient. Aus diesem Grund unterscheiden sich Moral und Ethik in der Wissenschaft: Die Ethik ist demnach die Theorie, welche die Moral als den (Erkenntnis-) Gegenstand ihrer Untersuchungen sieht.

Die Ethik geht aus einer gelebten Ordnung von Handlungen und aus der Interaktion der einzelnen Teilnehmer hervor. Im Unterschied zu Gewohnheiten, Brauchtum oder Traditionen, werden diese Handlungen moralisch reflektiert und bewertet, und zwar nach den leitenden Wertmassstäben, Überzeugungen und Handlungsregeln.

Der Anspruch der moralischen Richtigkeit steht dabei unter dem Vorbehalt der Begründung ihrer Legitimität. Hier zeigen sich auch die Probleme der ethischen Reflexion, welche unterschiedlichen Ansätzen, moralischen Differenzen und abweichenden Erfahrungen ausgesetzt ist. Deshalb ist in moralischen Diskussionen auch immer mit einer Vielzahl von Begründungen und konkurrierenden Entwürfen zu rechnen.

Es ist unbestritten, dass wir uns alle in unterschiedlichen Lebenskontexten und Moralsystemen bewegen. Das führt auch dazu, dass sich unterschiedliche Vorstellungen von moralisch gutem oder gebotenem Verhalten etablieren. Durch die Bedeutungsvielfalt hinter dem Prädikat „moralisch gutes Handeln“ lässt sich deshalb keine eindeutige Grundlage schaffen.

Die Moralität hat sowohl einen bewertenden als auch einen normativen Charakter. Sie bewertet, erlaubt oder empfiehlt, gebietet oder fordert auf. Während in einer technischen Funktionalität oder einer ökonomischen Effizienz der Erfolgsbegriff sehr klar definiert werden kann, lässt uns die ethische Philosophie zwar als autonome Wesen zurück, allerdings mit der offenkundig sehr komplexen Aufgabe zum Erkennen des moralisch Richtigen im Rahmen eines gelungenen Lebens.

 

Leseempfehlung:

Grundkurs Philosophie, Band 7: Ethik

Matthias Lutz-Bachmann, Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2013.